Wo ist TRUST III?

Die Trend und Strukturanalysen des INM ändern inzwischen in regelmäßigen Abständen die Rettungslandschaft Bayerns.

Bis vor Kurzem waren die Gutachten TRUST I und TRUST II auch öffentlich im Netz auf der Homepage des Innenministeriums und des INM zu finden. Natürlich folgt auf diese Gutachten eine Diskussion um die Sinnhaftigkeit der Ergebnisse. Solche Diskussionen sollte man als Gutachtenersteller aushalten können und sie durch sachliche Argumente entschärfen. Man findet nur noch die jährlichen Rettungsdienstberichte auf der Homepage des INM und beim Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration auch nur noch wenig dazu. (TRUST von 2004 Band 1 und Band 2)

Die Analysen des INMs sind – so weit ich sie bisher kenne (TRUST III gehört mangels Kenntnis nicht dazu) – wirklich sehr logisch und nachvollziehbar aus den dem INM vorliegenden Daten erstellt. In diesen Analysen versucht man, den IST-Zustand darzustellen, um die Zukunft zu verbessern. Ehrenwert und meiner Meinung nach sehr professionell durchgeführt. Allerdings haben diese Gutachten ein kleines Manko: Sie basieren auf vergangenen Zahlen und theoretischen Berechnungen. Entfernungs-Routing und Häufigkeiten können nicht den momentanen Zustand und das lokale Wissen vor Ort abbilden. Hier wäre eine Veröffentlichung mit anschließender Diskussion vor Ort mit denen, die sich lokal auskennen, wichtig, um kleinere Unwägbarkeiten und Unschärfen, die sich nicht in den vorliegenden statistischen Auswertezahlen messen oder abbilden lassen, zu glätten.

Leider ist dem nun nicht so. Es werden nur Bruchstücke und Teile des Gutachtens z.B. den Zweckverbänden gegeben, denen dann empfohlen wird, das umzusetzen. In den Zweckverbänden arbeiten Verwaltungsfachkräfte, die mit der Rettungsrealität selten zusammentreffen und dann natürlich das umsetzen, was von oben her empfohlen wird. Was können sie auch anderes tun? Leider werden damit die Beteiligten (Rettende) und Betroffenen (zuRettende) vor vollendete Tatsachen gesetzt, ohne sich vorher informieren zu können, warum Umstrukturierungen empfohlen werden und welche Grundlagen und Zahlen es dafür gegeben hat. Und vor allem, ohne gehört zu werden und ohne eigene Vorschläge anbringen zu können, wie Verbesserungen in der Struktur lokal mit erheblich weniger Aufwand zu lösen sind, denn ein Gutachten ist nur so gut wie die Aktualität der Daten. Ich denke da nur an z.B. geänderte Krankenhausstrukturen in der Zeit nach der Datenerhebung. Eine Wachverlegung macht nur da Sinn, wo kein „Loch“ aufgerissen wird und wie sinnvoll ist es, alle 5 Jahre ganze Rettungswachen zu verlegen, nur um auf dem Papier schnellere Eintreffzeiten in den Einsatzschwerpunkten nämlich v.a. den Altenheimstandorten (oha, da werden überdurchschnittlich viele Menschen akut krank) zu realisieren. KTWs werden gestrichen, RTWs fahren dann die Krankentransporte in der KTW-freien Zeit und der RTW fehlt in der Notfallrettung, mit der Folge, daß ein neuer RTW Standort/Stellplatz etabliert werden muß wird, wo eigentlich ein zusätzlicher (Spätschicht)-KTW vieles entzerrt hätte. Wenn ein Krankenhaus plötzlich die (Unfall)chirurgie schließt, werden erheblich mehr Interhospitaltransporte anfallen, die die Ersteller des TRUST III gar nicht wissen konnten, die aber die Betroffenen vor Ort sehr wohl bereits wissen und spüren und man darauf reagieren könnte, aber nicht darf, weil das Gutachten dagegen ist und schon umgesetzt und europaweit ausgeschrieben wurde, bevor man reagieren kann, weil man nicht darf/soll?

Was ist denn der Grund, dieses TRUST III nicht in voller Gänze zu veröffentlichen?

Scheut man Kritik, Diskussion?

Davor brauchen weder INM noch Kassen noch Innenministerium Angst haben, denn die erstellten Vorgutachten sind ja wirklich wissenschaftlich sehr fundiert und mit den vorhandenen Vorgaben auch sehr gut und verständlich aufgemacht. Aber jetzt? Warum wird das Gutachten zurückgehalten? Wer hat wovor Angst?

Wenn folgenschwere Entscheidungsgrundlagen zurückgehalten werden und nur Teilstücke für wenige einsehbar gemacht werden, dann hat das – jetzt kommt der Schwabe durch: „a Gschmäckle

Also: liebes Innenministerium, liebe Kassen, liebes INM: Sorgt für Transparenz, scheut nicht den Dialog, veröffentlicht TRUST III in voller Gänze.

Ihr müßt eure Arbeit nicht verstecken! Ihr seid gut und könnt eure theroretische wissenschaftliche Arbeit in Verbindung mit der Praxis optimieren und noch besser machen! Die Daten der Leitstellen sind nicht alles, Ortskenntnis gehört dazu.

Bye Bye

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich habe den Blog Bayerische Notärzte ins Leben gerufen, als es sehr kritisch um unsere Vergütung stand und als eine Novelle des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes drohte unsere ärztliche Souveränität durch “unglückliche Formulierungen” einzuschränken. Birgit Baier war in dieser Zeit mit mir die Hauptautorin des Blogs und auch Thomas Jarausch trug einzelne Artikel bei. Nach kurzem kam dann die Aktion “Bayern ohne Notarzt” dazu, mit der wir doch reichlich Aufmerksamkeit für unser Anliegen gewannen.

Meine schriftlichen und mündlichen Äußerungen zum Einen oder Anderen Problem waren – zumindest aus meiner Sicht – stets fair, allerdings auch durchaus auch scharf und provokant. Letzteres war nicht überall gerne gesehen, hat aber zumindest in Bezug auf die vorgenannten Probleme seinen Zweck erreicht.

Da mir die Mehrheit der agbn-Mitglieder bei den letzten Vorstandswahlen keine Mehrheit für ein Mandat gegeben hat, habe ich beschlossen, mich aus der notärztlichen Berufspolitik zurückzuziehen. Dies betrifft natürlich nur meine berufspolitischen, nicht aber meine sonstigen notärztlichen Aktivitäten, wie für die BLÄK als Ausbilder und Prüfer für Notärzte, für die KV im notärztlichen Qualitätsmanagement, für die DIVI als Verantwortlicher Redakteur des Notarzt-Einsatzprotokolls und schließlich auch als aktiver Notarzt selbst.

Der Blog Bayerische-Notärzte hat damit für mich seine Schuldigkeit getan und kann gehen. Ich danke allen, die sich aktiv oder passiv beteiligt haben, die mich unterstützt oder kritisiert haben. Jedes Engagement hat mich gefreut. Nun hoffe ich, dass modernere Dienste an Stelle dieses antiqierten Blogs treten und die Interessen der Notärzte und ihrer Patienten so vehement oder hoffentlich sogar noch zielführender vertreten als es mir je gelang. Das würde mich freuen.

Herzlich, Michael Reng

Honorar 2019 und 2020

Zu den Ergebnissen der diesjährigen Honorarverhandlungen, die die KV für uns vereinbarte (diese sind immer für zwei Jahre gültig):

  • Einsatzpauschale für 2019: 80€, ab 2020: 83€
  • Bereitschaftshonorar für 2019: 20,50€/h ab 2020: 21€/h, pro Einsatz wird wie vorher auch eine Stunde des Bereitschaftshonorars weniger ausbezahlt.
  • Die Einsatzpauschale der Patienten 4-6 bei einem Einsatz steigt für beide Jahre auf 30€
  • Der Zuschlag für einen Nachteinsatz (22:00 bis 7:00) bleibt bei 10€/Einsatz
  • Der Samstag/Sonntag/Feiertagszuschlag bleibt bei 10€/Einsatz
  • Der Zuschlag für einen Außennotarzt oder Zweitnotarzteinsatz bleibt bei 30€/Einsatz
  • Der Zuschlag für Einsätze ab 90 Minuten Einsatzdauer steigt für beide Jahre auf 25€
  • Der Zuschlag für Einsätze ab 150 Minuten Einsatzdauer steigt für beide Jahre auf 50€

Die Einsatzpauschalen steigen also um 5% bzw. um 9%

Die Bereitschaftspauschalen steigen um 2,5% bzw. um 5%

Vielleicht regt das den einen oder anderen Kollegen an, doch wieder ein klein wenig mehr Notarztdienste zu übernehmen.

Und ja, ein Leben retten ist eigentlich unbezahlbar und im Schnitt verdient man netto als angestellter Vertriebsingenieur bei Audi deutlich mehr. Aber macht das mehr Spaß? Sind wir wegen des Geldes Ärzte?

Na also

Das Problem mit der gesetzlich zugesagten aber bisher nicht abschließend geregelten Unfallversicherung für nebenberuflich tätige Notärzte scheint gelöst. In einem Schreiben der KVB wird heute darauf verwiesen, dass der zuständige Kostenträger die Kommunale Unfallversicherung Bayern (KUVB) ist. Für Notärzte, die diese Tätigkeit nicht nur nebenberuflich oder außerbayerische ausüben gilt dies selbstverständlich nicht.

Ich bin dann mal… auf dem Weg

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wie ich bereits erwartet und unter Freunden angekündigt hatte, bin ich seit 27.11. nicht mehr Mitglied des Vorstands der agbn.

In die beratende Vorstandskommission der KVB wurde ich – auf der Basis einer Empfehlung des ehemaligen Vorstands der agbn – erst kürzlich wieder berufen. Ich  glaube aber nicht, dass ich die neue Vorstandsebene der agbn weiterhin adäquat repräsentiere, weshalb ich konsequenterweise nicht mehr für die agbn sprechen will, kann, darf und werde. Ich habe daher mein Mandat in der o.g. Vorstandskommission an die KVB zurückgegeben und um Berufung eines neuen Repräsentanten der agbn gebeten.

Damit einhergehend nehme ich meine Mitgliedschaft in das Beratergremium zum Telenotarzt Bayern, wie auch meine Mitgliedschaft im CIRS-Bayern Team nur noch so lange wahr, bis von der beratenden Vorstandskommission ein Nachfolger bestimmt wurde.

Berufspolitisch fokussierte Mail-Anfragen an die agbn (in der Summe waren es über 600) werden zukünftig vom neuen Vorstand beantwortet. Natürlich werde ich mich weiterhin bemühen, jede direkt an mich gerichtete Anfrage (michael.reng@medicdat.de) nach Möglichkeit wie bisher rasch und kompetent zu beantworten.

Aus dem von mir auf dem agbn-Kongress angekündigten, aus eigenen Mitteln finanzierten Privat-Abrechnungs-Makro werde ich in den nächsten Tagen aus Gründen der technischen und formalen Haftung das agbn-Branding entfernen. Anschließend wird das Makro samt Bedienungsanleitung über diese Site zum Download bereitgestellt, technisch und formal verantwortlich bin dann ich selbst.

Abschließend ist es an der Zeit, mich für das im Lauf meiner „Amtszeit“ für das allzeit vorhandene Engagement der KVB für die Bayerischen Notärzte, für Ihr Entgegenkommen, Ihre Kompromissbereitschaft und nicht zuletzt für die stets respektvoll-freundschaftlich Zusammenarbeit zu bedanken. Auch möchte ich mich für die stets vertrauensvolle Zusammenarbeit mit BLÄK, ÄLRDs, Kostenträgern, Rettungsdienst, Innenausschuss des Landtags und den vielen anderen, die ich im Rahmen meines Amtes kennen und schätzen lernen durfte herzlich bedanken.

Ich bedanke mich besonders bei den Mitgliedern der beratenden Vorstandskommission Qualität im Notarztdienst der KVB. Engagement ist heutzutage nicht mehr selbstverständlich. In der Vorstandskommission fanden und  finden sich einige der engagiertesten und kompetentesten Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich je zusammenarbeiten durfte. All denen gilt mein Respekt. Ich wünsche ihnen weiter ein gutes Händchen bei Beratung und wenn möglich sogar Steuerung der notärztlichen Geschicke in Bayern.

Dass ich noch genug Ideen und Ziele für die nächsten Jahre habe, werden alle wissen, die mich kennen. Insofern hoffe ich, dass die mir verliehene Ehrenmitgliedschaft der agbn nicht als Zeichen des Zurückziehens aus dem Tagesgeschäft missverstanden und dass mir noch viel Zeit gegeben wird.

Ich werde unserem wundervollen Beruf als Notarzt so lange nachgehen, wie es mir gesundheitlich möglich ist und solange es ich das kann, werde ich mich auch bemühen weiterhin berufspolitisch Einfluss zu nehmen.

Ich bin dann mal noch nicht weg… ich bleibe auf meinem Weg

Herzlich

Euer Michael Reng

Der Digitalfunk und die Leit(d)enden Notärzte

Vorweg: es gibt LNAs, die bekommen erst gar keine Blaulichtgenehmigung – weil ja ein strenger Maßstab anzulegen ist bei der Zulassung der Blaulichter – auch wenn mehr als 6 LNA im Bereich bestellt sind, bekommen nur maximal 6 davon eine “Blaulichtgenehmigung”.

Es gibt unter den magischen 6 nicht wenige LNAs, die sich damals neben dem selbstfinanzierten Blaulicht auch ein selbstfinanziertes analoges BOS-Funkgerät gekauft haben und beider Einbau ins Privat-KFZ selbst finanziert und organisiert oder sogar selbst durchgeführt haben.

Aber es gibt auch LNA, die haben außer gelber Weste und Melder (der hoffentlich noch funktioniert) nichts.

Die Zuständigkeit zur Materialbeschaffung wurde der KVB aufs Auge gedrückt, die Kassen mußten plötzlich auch Kosten übernehmen, für die vorher Zweckverbände und/oder Landkreise zuständig waren. Nun droht unaufhaltsam der Digitalfunk, und die KVB – nicht der einzelne LNA – wurde berechtigt, für die LNAs die staatliche Förderungen zur Anschaffung der Digitalfunkgeräte zu beantragen. Der Freistaat Bayern bezahlt 85% des Digitalfunkgerätes. Inzwischen nach langem Verhandeln hat es die KVB geschafft, die Kassen zu überzeugen, die fehlenden 15% des Beschaffungspreises zu finanzieren. An dieser Stelle sage ich ganz ehrlich: Danke an KVB und an die Krankenkassen!

Dann kam der G7 Gipfel und die Oberland-LNA bekamen ganz schnell ein Digitalfunkgerät – so ganz ohne Einbau und Koffer. Und jetzt soll der Rest Bayerns eins bekommen. Doch halt, was steht in der Förderrichtlinie? Ist da gar kein Einbau dabei und ohne Einbau oder Kofferlösung gibts nicht nur keine Förderung sondern auch kein Funkgerät? So langsam verstreicht die Frist der Förderung und da niemand den Einbau oder eine Kofferlösung bezahlen möchte, soll das der einzelne LNA machen.

Es wurde also von der KVB ein Schreiben an die “Blaulicht-LNAs” und die NAs entsendet, die über eine Blaulichtgenehmigung verfügen, um das Digitalfunkgerät inclusive des kostenpflichtigen Einbaues durch eine bestimmten Firma zu bestellen. Ein Funkgerät bzw. Handfunkgerät ohne Einbau kann nicht bestellt werden.

Danke an dieser Stelle an die agbn, in derem Newsletter 2016/8 die Thematik ebenfalls recht klar dargestellt wird.

Da ich befürchte, daß ein LNA ohne Funk auf der Fahrt zu Großschadensereignissen oder besonderen Lagen auch blind – pardon – taub ins Verderben fahren könnte, ist es sicherlich sonnvoll, über ein solches Funkgerät im Alarmfall nicht erst am Ensatzort zu verfügen. Darum soll jeder LNA bei der KVB eines bestellen. Ich rate allerdings allen LNA, der KVB analog des veränderten Formulars (Kostenübernahme Seite1 und Seite2) den Antrag höflich zukommen zu lassen. Die KVB soll unsere Antworten als Argumentationshilfe verstehen, nicht als Beschimpfungen.

Für Anregungen an ein Schreiben an die Politik wäre ich an dieser Stelle dankbar.

An Forderungen könnte ich mir z.B. vorstellen: Jeder bestellte LNA soll eine Blaulichtgenehmigung und somit ein Funkgerät erhalten. Eine Zwei- oder Mehrklassen LNA Unterscheidung darf es nicht mehr geben, eine Begrenzung auf eine niedrigere Zahl als die Anzahl der bestellten LNAs ist unsinnig. Da der LNA den Bereitschaftsdienst völlig ehrenamtlich übernimmt, ist es außerdem nur recht, daß dieser sein Arbeitsgerät (Funk) kostenlos zur Verfügung gestellt bekommt, z.B. in Gestalt einer Kofferlösung.

Ich danke jetzt schon für zahlreiche Rückmeldungen!

 

 

 

Bayerisches Innenministerium nimmt Stellung: Durchführung heilkundlicher Maßnahmen durch Notfallsanitäter

Mit Schreiben vom 16.9.2016 nimmt das bayerische Staatsministerium des Inneren, für Bau und Verkehr Stellung zur Durchführung heilkundlicher Maßnahmen durch Notfallsanitäter.

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meine persönlichen Gedanken dazu:

“…aus gegebenem Anlass…” – gibt es dazu einen konkreten Vorfall?

Es werden individuelle Kompetenzen des einzelnen NFS beschrieben, und er dürfe nur das durchführen, was er tatsächlich persönlich beherrsche.

Der ÄLRD ist für die Delegation zuständig und verantwortlich und soll eine etwaige unterschiedliche Qualität des einzelnen NFS berücksichtigen.

Außerhalb des Rettungsdienstes darf der NFS keine heilkundlichen Maßnahmen ergreifen.

Bei Durchführung einer heilkundlichen Maßnahme ist grundsätzlich ein NA nachzufordern.

Ich verstand Delegation immer so: Ich kenne RA und Patient und übergebe/delegiere dem RA die Durchführung einer durch mich veranlaßten individuellen Maßnahme. Ich habe dadurch die Verantwortung übernommen.

Das Innenministerium plant aber anders: der ÄLRD kennt den Patienten nicht und überläßt die Diagnosefindung bzw. die Indikationsstellung dem NFS, der dann die Maßnahme selbst veranlaßt und durchführt. Der ÄLRD trägt trotzdem die gleiche Verantwortung/Haftung wie der NA, der vor Ort war und NFS und Patient persönlich kennt?

Gibt es eine juristische Definition der Delegation ärztlicher Maßnahmen an Nichtärzte?

Das System der Notarztversorgung wird strukturell nicht angetastet!

Da nur wenig Ärzte die Gelegenheit hatten, an einer Veranstaltung des Rettungszentrums Regensburg (RZR Veranstatung 9.1.16) teilzunehmen, die sich mit dem Entwurf zum neuen Bayerischen Rettungsdienstgesetz befasst hat, sollen hier alle Interessierten eine kommentierte  Zusammenfassung der dort besprochenen und für die Notärzte relevanten Themen erfolgen.

Im Vorfeld der Veranstaltung wurde von agbn-Seite gebeten, doch auch kritische Stimmen als Referenten zuzulassen. Namentlich hatte die agbn gebeten, doch den Präsidenten der Bayerischen Landesärztekammer als zusätzlichen Referenten einzuladen, da dieser im Bayerischen Ärzteblatt zuletzt klar Stellung zum Gesetzentwurf bezogen hat. Dieser Wunsch wurde leider abgelehnt („Wir haben bei dieser Veranstaltung eine Stunde Diskussionszeit eingeplant, um alle Facetten und kritische Stimmen zu Worte kommen zu lassen…“).

Erfreulicherweise zeigte sich das erste Referat von Herrn Dr. Ebersperger (Bay. Innenministerium) als sehr konstruktiv. Die allseits bekannten Vorbehalte der agbn gegenüber dem Gesetzentwurf konnten zwar nicht ausgeräumt werden, Herr Dr. Ebersperger stellte in seinen Formulierungen aber verbal wie auch auf den Folien seiner Präsentation klar, dass es bei der Interpretation des von ihm federführend verfassten Gesetzestextes offenbar zu Fehlinterpretationen gekommen sei, die nicht beabsichtigt waren. Die wesentlichen Aussagen sprechen für sich selbst und sollen hier deshalb wörtlich zitiert werden:

  • „Das System der Notarztversorgung wird strukturell nicht angetastet“
  • „Es gibt keine Weisungsbefugnis einer Behörde gegenüber einem ÄLRD in medizinischen Fragen. Das ist selbstverständlich, das muss man nicht extra im Gesetz schreiben.“
  • „Weisungen der ÄLRD beziehen sich nur auf die ÄLRD Aufgaben und nicht auf die Behandlung der Patienten“
  • „Bei der Weisungsbefugnis geht es nie um die Behandlung der Patienten im Einzelfall“
  • „Es gibt keine Neuregelung beim Zugriff auf Patientendaten“
  • „Der Rettungsdienstausschuss ist nicht mehrheitlich durch ÄLRD besetzt“
  • „Dienstanweisungen im Rettungsdienst sind nicht neu geregelt“

Eine kleine grammatikalische Fehlleistung „Von 78 ÄLRDs gibt es einen, der nur Allgemeinarzt ist“, bei der das nur an die falsche Stelle im Satz gehüpft war, sei verziehen, zumal in den folgenden Sätzen wiederholt dargelegt wurde, dass mit dem neuen BayRDG „prinzipiell jeder in der Notfallmedizin erfahrene und qualifizierte – mit egal welchem Facharzt – zum ÄLRD berufen werden kann”.

Auf die Diskussion bezüglich der Delegation oder Substitution ärztlicher Leistungen an den Notfallsanitäter will ich hier nicht eingehen, weil dies für die Mehrzahl der Notärzte von nachrangiger Bedeutung ist. Interessant erschien mir als Vertreter der Notärzte in diesem Zusammenhang aber die Formulierung „So lange sich der Notfallsanitäter in der Grenzen der SOPs hält, trägt er keine Verantwortung.“ Diese liegt laut Gesetzesentwurf nämlich beim ÄLRD. Ob es rechtlich möglich ist die Durchführungsverantwortung (wozu natürlich auch das fälschliche Unterlasen einer Maßnahme gehört) vom Durchführenden auf seinen Anleiter („Der ÄLRD hat bezüglich der Notfallsanitäter Auswahl-, Anleitungs- und Überwachungspflicht.“) per Gesetz umdirigiert werden kann, dürfen andere klären.

Der Landesbeauftragte Ärztliche Leiter Rettungsdienst (Dr. Bayeff-Filloff) zeigte sich im folgenden Referat zunächst emotional ungewohnt erregt und gekränkt über unsachgemäße Beschimpfungen seiner Person im Zusammenhang mit seinen Dienstaufgaben. An dieser Stelle ist es mir ein Bedürfnis seiner Empörung uneingeschränkt zuzustimmen, da ich mit unsachlichen, persönlichen Verunglimpfungen – bei mir im Zusammenhang mit der leidigen Vergütungsdiskussion – selbst reichlich unerfreuliche Erfahrungen sammeln durfte. Ich hätte nie angenommen, dass mir jemals derartige persönliche und beleidigende Angriffe aus einer Ansammlung akademisch gebildeter Menschen heraus zuteilwerden. Ein solches unkollegiales Verhalten darf und muss von jedem – egal wessen Interessen er vertritt oder zu vertreten glaubt – nicht gebilligt werden.

Im weiteren Vortrag wurden dann vorrangig medizinisch-technische Aspekte des zukünftigen Einsatzes der Notfallsanitäter beleuchtet. So wurde unter anderem festgehalten, dass die zukünftigen Notfallsanitäter sehr wohl auch Opiate eigenständig verabreichen dürfen, sofern sie sich an die zugehörige SOP der Bayerischen ÄLRDs halten. Wer die Betäubungsmittelausgabe entsprechend dem Betäubungsmittelgesetz durch Unterschrift legalisiert wurde nicht kommentiert.

Der Notfallsanitäter darf einen Patienten nicht intubieren, da er nach aller Voraussicht die Anforderungen der Empfehlung der Dt. Gesellschaft für Anästhesie (zum präklinischen Atemwegsmanagement (100 Intubationen unter Aufsicht, danach 10 pro Jahr) nicht erfüllen kann. Ganz im – für mich unerklärlichen Gegensatz dazu – soll dem Notfallsanitäter die eigenständige Indikationsstellung und Durchführung einer Kardioversion innerhalb der Vorgaben der zugehörigen SOP – erlaubt sein.

Wichtig für die Entwicklung des Notfallsanitäters erscheint mir, dass bei deren Ausbildung zukünftig Simulationen ein besonderes Gewicht erhalten sollen. Nicht angesprochen wurde, wer diese Simulationen in der erforderlichen Mange anbieten kann und wird, und wer diese wiederum finanziert. Das zu klären ist allerdings auch nicht die Aufgabe des Kollegen Bayeff-Filloff, es war aber sicher wichtig, seine Einschätzung und Überzeugung diesbezüglich kennen zu lernen.

Besonders interessant war für mich, dass erwähnt wurde, dass die agbn an der Definition des Ausbildungscurriculums der Notfallsanitäter durch Vorstandsmitglied Rainer Schua beteiligt ist. Bisher hatten wir im Vorstand der agbn stets Rücksicht darauf genommen, dass der Kollege Schua von Amtswegen als Leiter des Sachgebietes Gesundheit in der Regierung von Unterfranken an der entsprechenden Arbeitsgruppe beteiligt ist. Wir hatten bisher nie Informationen aus dieser Arbeitsgruppe im Vorstand der agbn erbeten, erhalten oder diskutiert. Das werden wir nun „ohne schlechtes Gewissen“ nachholen. Es wäre allerdings wünschenswert, wenn die offenbar erwähnenswerte Beteiligung der agbn in diesem Gremium auch formal fixiert würde.

Herr Dr. Prückner, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Notfallmedizin und Medizinmanagement (INM), stellte zuletzt in zahlreichen Grafiken differenziert dar, wie sich die Notarzteinsätze im Bayern der letzten Jahre entwickelt haben (kurz gefasst: sie haben zugenommen).

Interessant erschien der Verweis auf andere Bundesländer, in denen u.A. die Forderung laut geworden sei, der Arztbrief des einen Notfall-Patienten nachversorgenden Krankenhauses solle doch automatisch dem zuständigen ÄLRD zur Verfügung gestellt werden. Da es in Bayern aus Datenschutzgründen leider nicht einmal zulässig ist, dass der behandelnde Notarzt den Arztbrief „seines“ Patienten nachrichtlich erhält, wenn dieser aus dem nachversorgenden Krankenhaus entlassen wird (Begründung: Es besteht kein Behandlungszusammenhang mehr, die Überlassung des Arztbriefes an den Notarzt kann nur nach vorher eingeholtem, schriftlichem Einverständnis des Patienten erfolgen), entspringt die vorgetragene Wunschvorstellung anderer Bundesländer wohl eher einer “schönen neuen Welt”.

Eine der vom Kollegen Prückner vorgestellten Zahlen hat bei mir großes Interesse geweckt: bei einer Fallstudie in München waren 23% der Notarzteinsätze als zeitkritisch und damit „dringend Notarztbedürftig“ einzustufen. Anders formuliert war die Notarztindikation bei 77% der Einsätze in München retrospektiv zumindest nicht unmittelbar zwingend. Es besteht also – übertragen auf statistischen Wortschatz – eine hohe Sensitivität bei niedriger Spezifität. Ich hätte – rein aus der persönlichen Einschätzung heraus – prozentual weniger zeitkritische Einsätze geschätzt.

Die Kenntnis dieser Zahl ist aber sehr wichtig, denn würde in Zukunft, wie so an mancher Stelle gerne formuliert, die Spezifität der Einsatzindikation erhöht (nur wer Notarzt braucht, soll auch Notarzt bekommen), würden zwangsweise auch mehr falsch-negative Indikationen entstehen (Patient bräuchte Notarzt, kriegt aber keinen). Da die Zahl der Nachalarmierungen in letzter Zeit homogen mit der Zahl der Notarzteinsätze gestiegen ist, wäre es also fatal, wenn auf dem Richtstuhl der Spezifität der eine oder andere Patient der den Notarzt eigentlich braucht, dank mangelnder Sensitivität geopfert würde. Das könnte eine bedrückend hohe Zahl Patienten werden, die dann primär notärztlich unversorgt blieben. Dies gilt umso mehr für den ländlichen Bereich, wo eine Notarzt-Nachforderung bei einer primären Anfahrzeit von 15 bis 20 Minuten nur wenig Sinn macht. Also sind die 23% eigentlich ein Lob auf unsere Leitstellendisponenten, die viel zu oft von Gefühlszahlennutzern unsachlich kritisiert werden.

Da der Veranstalter zu Beginn des Symposiums mitgeteilt hatte, dass Fragen zur Diskussion schriftlich eingereicht werden sollten, zog ich es vor, diesem Teil der Veranstaltung nicht beizuwohnen. Über die dort noch besprochenen Inhalte kann ich daher an dieser Stelle nicht berichten.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei der hier berichteten Veranstaltung – auch wenn der Veranstalter einer offenen Diskussion leider nicht wirklich traute – viel Versöhnliches formuliert wurde. Es bleibt daher abzuwarten, welche Umformulierungen im BayRDG vorgenommen werden, um die bisher missverständlichen Textteile zu optimieren.

In seiner Regierungserklärung hat Ministerpräsident Seehofer gesagt: „Bayern ist das Land des wertorientierten, aktiven Bürgersinns. Deshalb sage ich: Andere sehen in der Gesellschaft millionenfach Probleme, die der Staat lösen soll. Wir sehen in der bayerischen Bevölkerung millionenfach Lösungen“. Ich will gerne glauben, dass ich und viele mit mir den neuen Gesetzentwurf bisher missverstehen haben, als Ruck hin zu einer Staatsmedizin und servilen Gesundheitspolizei mit dem Ziel der Abschaffung des Notarztdienstes aus Kostengründen. Vielleicht wurde in das eine oder andere Wort zu viel oder das Falsche hineininterpretiert. Dennoch kann ich lesen, auch wenn ich juristisches Deutsch sicher ähnlich schlecht verstehe, wie Juristen medizinische Abhandlungen. Es ist der Anspruch der Juristen an uns, dass wir unsere Patienten allgemeinverständlich aufklären. So wünsche ich mir allgemeinverständliche, klare Formulierungen, wie sie heute gefallen sind – ohne Einschränkungen und verbale Hintertürchen – im Gesetzestext.

Es sollte also Ansporn für die Politik sein, nicht – wie der Vortrag von Dr. Ebersperger heute titelte – erklären zu müssen „BayRDG Novelle 12015/2016 – worum geht es wirklich?“, sondern den Gesetzestext oder zumindest die Ausführungsverordnung so zu formulieren dass auch ein Bürger mit abgeschlossener Hochschulbildung unzweifelhaft erkennen kann, was gemeint ist. „Koalition mit den Bürgerinnen und Bürgern – das ist für mich Fundament und Auftrag unserer Regierungspolitik“ heißt es in der Regierungserklärung weiter. Das hätte ich doch gerne so, denn auch Notärzte sind in erster Linie Bürger unseres Landes und wir sind gerne und engagiert für dieses Land und seine Bürger Tag und Nacht aktiv. So soll es auch bleiben.

Die Sprache ist die Quelle aller Missverständnisse (Antoine de Saint-Exupéry). Der Titel dieses Blog-Eintrags ist unmissverständlich und kommt nicht vom Autor dieser Zeilen, sondern aus dem Innenministerium.

NAD Bayern – Ausblick ins Jahr 2016

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

zum Jahresanfang 2016 möchte ich Ihnen einige Gedanken zum Notarztdienst Bayern übermitteln.

Bayerisches Rettungsdienstgesetz:

Für mich ist dies das wichtigste Thema im Zusammenhang mit dem NAD. Der Entwurf zur Änderung stellt sich mir dar als Instrumentalisierung einiger Abgeordneter durch die Ministerialbürokratie. Der Weg mit dem Ziel einer weiteren Knebelung der Notärzte wird konsequent weiter beschritten – Zwischenziel ist ein dem Ministerium zugeordneter “Landes-ÄLRD” mit seinen regionalen Statthaltern (Bezirks-ÄLRD) und weisungsgebundenen Einzelkämpfern auf der Lokal-/Zweckverbandsebene (Regional-ÄLRD). Die Letzteren sollen als Zuckerstück per Gesetz eine fachliche Weisungbefugnis gegenüber den Notärzten erhalten, darüber hinaus wird die Einsicht in NA-Protokolle ohne Benachrichtigung des betroffenen Notarztes und des Patienten ermöglicht. Beides wäre ein trauriges Novum in der deutschen Gesetzgebung: Fachliche Weisungsbefugnis, durch wen auch immer, ist mit unserer Berufsordnung nicht vereinbar und einen sowohl unkontrollierten als auch willkürlichen Zugang zu Arzt- und Patientendaten hat es in der Bundesrepublik Deutschland seit 1945 nicht mehr gegeben!
Insofern erschüttert es mich, dass demokratisch legitimierte Volksvertreter einem solchen Gesetzentwurf zustimmen könnten, aus welchem Grund auch immer. Ich vermute allerdings, dass die Landtagsabgeordneten seitens des Innenministeriums über die Konsequenzen dieses Gesetzes nicht vollumfänglich informiert wurden und hoffe daher sehr, dass der Gesetzentwurf in seiner aktuellen Form schlußendlich so nicht mehrheitsfähig im Landtag ist.
Die Frage muss allerdings erlaubt sein, was das Ministerium mit einem Gesetz, dass den freien Arztberuf und Patientenrechte einschränken wird, eigentlich bezwecken möchte? Ein Schelm, der hier einen schleichenden Paradigmenwechsel in der Notfallmedizin vermutet, weg von einem “Notarzt gestützten System” hin zu einen “Paramedic gestützten System”. Wobei ich auch hier keinen durchdachten Master-Plan erkennen kann, sondern eher planlosen und von Partikularinteressen gesteuerten Aktivismus seitens des Innenministeriums. Da man dem Wähler diesen vermeintlich geplanten Systemwechsel ganz schlecht als eine Verbesserung der Daseinsvorsorge verkaufen kann, muss man uns Notärzte irgendwie anders los werden, um dann mit dem Hinweis auf die Verweigerungshaltung der widerspenstigen und geldgierigen Notärzte ein tolles Paramedic-System aus dem Hut zaubert. Chapeau…….

Daher meine Bitte: wehren Sie sich auf allen Ihnen möglichen Ebenen, auch wenn Sie Ihrer Umgebung damit lästig werden! „Ceterum censeo …..“

Vergütung:

Eine traurige “Never ending story“! Die Richtung stimmt, aber auf dem Weg liegen zu viele Steine.

Als Würzburger Notarzt stelle ich fest, dass ich 2016 in Abhängigkeit von der Einsatzzahl ungefähr die gleiche Vergütung erhalten werde wie 2015, an einsatzstarken Tagen aber sicher weniger. Herr Dr. Heuschmid (Regoinalvertreter Mittelfranken) hat für seinen Standort Nürnberg errechnet, dass der Realverlust seit 2005 inflationsbereinigt locker über 25% beträgt. Nachdem die Einsatzzahlen in Würzburg nicht viel geringer sind als in Nbg., müssen wir hier von ähnlichen Verlusten ausgehen, leider. Wie bereits gesagt, es gab seit 2005 keine Honorarsteigerung und in 2015 haben wir an vielen Standorten bis zu 15% verloren. Und wo sind die Gewinner in 2015? Ja, ein paar kleine Standorte haben wohl etwas dazu gewonnen aber eine deutliche bessere Besetzung der NA Dienste konnte in Unterfranken nicht erreicht werden. Aber genau das war das erklärte Ziel der Reform!
Gibt es eine Arztgruppe, die Vergleichbares hinnehmen muss, insbesondere unter dem Aspekt, dass wir unsere Fallzahl nicht steuern können und gelegentlich auch tätig werden, ohne bezahlt zu werden (Stichwort Abstellungen bei Brandeinsätzen etc.)? Besonders ärgert mich, dass unser berechtigter Protest gegen diese Einkommensverschlechterung seitens Politik und Kassen regelmäßig mit dem Verweis auf den geldgierigen Arzt abgetan und eine faire, sachliche Diskussion bezgl. unseres Honorars damit ausgehebelt wird.

Als Regionalvertreter stelle ich nun fest, dass das Resultat der Neuregelung eine Umverteilung auf zu niedrigem Niveau bleibt. Die jetzige Honorarreform 2016 wird daher niemanden wirklich zufrieden stellen. Wie auch? Schließlich sind die zur Verfügung stehenden Geldmittel exakt die gleichen wie 2015. Somit werden die Gelder nur anders (vermeintlich gerechter) verteilt, aber der NAD bleibt nach wie vor unterfinanziert und ich fürchte, wir werden auch 2016 wieder Kollegen verlieren, die den NAD endgültig an den Nagel hängen.

Was ist der Hintergrund der aktuellen Reform: zum einen waren die Kassen nicht mehr bereit, die sogenannte Verlustbegrenzungsregelung fortzuführen, die an vielen Standorten dazu geführt hat, das NÄe unterschiedlich honoriert werden. Kollegen, die bereits in 2014 am NAD teilgenommen haben, erhielten eine Verlustbegrenzung, andere, die erst 2015 in den NAD eingestiegen sind, mussten sich mit dem Honorar ohne Verlustbegrenzung zufrieden geben. Das ist durchaus nachvollziehbar, aber egal, wie Sie es anstellen, mit jeder „Umverteilung“ wird es wieder Gewinner und Verlierer geben. Zum anderen war ein Honorarsystem, dass bereits ab dem ersten Tag seines In-Kraft-Tretens eine Verlustbegrenzungsregelung benötigt, als gescheitert anzusehen. Diese Erkenntnis hat sich auch bei der KVB durchgesetzt und so wurde kurz vor knapp die neue Regelung für 2016 aus der Taufe gehoben. Wie gesagt, die Richtung stimmt, aber das Honorar an sich ist nach wie vor unzureichend. Danke an die engagierten Regionalvertreter und die agbn, die sich kurzfristig mit guten Vorschlägen, komplizierten Rechenmodellen und viel unbezahlter Zeit eingebracht haben, um erneute Fehlentwicklungen 2016 zu verhindern.

Aber warum diese chronische Unterfinanzierung? Nur wenige Millionen mehr pro Jahr und die Problematik „Vergütung“ wäre nicht mehr gegeben. Ist es da paranoid, auch hier die Ursache im angestrebten Systemwechsel weg vom NAD-gestützten System in Bayern zu suchen? (s.o.) Zumal für andere Entwicklungen im Rettungsdienst die Gelder unkritisch zur Verfügung gestellt werden. Oder haben Sie schon mal von Protesten der Kostenträger gehört gegen Einführung der hauptamtlichen bayernweiten NEF-Fahrer? (Klein gerechnet: Kosten für 200 Standorte mit jeweils 5 Planstellen für NEF-Fahrer). Oder hören Sie irgendwas bezüglich der Verpflichtung von Krankenhäusern zum Notarztdienst nach §14. 4 BayRDG? In diesen Fällen dürfen die Krankenhäuser „Ersatz der hierdurch entstehenden Kosten“ von den Kassen fordern, was allemal teurer ist, als ein vernünftig finanziertes flächendeckendes Notarztsystem. Allein in Unter- u. Mittelfranken wurden zwischenzeitlich mehrere Verfahren dazu eingeleitet. Teuer für die Kassen, aber scheinbar auch kein Argument für die Kostenträger, die Finanzierung im NAD zu überdenken.

Insofern bin ich mit dem neuen Honorarsystem nicht glücklich, denn es erwartet uns ein weiteres unterfinanziertes Jahr im NAD Bayern. Ich bin allerdings der Überzeugung, dass die neue Honorarsystematik unter der Voraussetzung einer adäquaten zur Verfügung stehenden Gesamtsumme eine faire Verteilung der Geldmittel an einsatzschwachen und einsatzstarken Standorten bringen würde. Insofern werden wir 2016 für eine deutlich höhere Gesamtvergütung in 2017 kämpfen müssen, um endlich die Verluste und Fehlentwicklungen aus 2015 und 2016 zu bereinigen. Mein Optimismus ist dabei allerdings verhalten, leider. Nichtsdestotrotz dürfen wir nicht nachlassen, weiterhin eine faire und adäquate Vergütung zu fordern, in der sich auch eine Wertschätzung unser verantwortungsvollen Tätigkeit ausdrückt.

Organisatorische Probleme im NAD:

Immer öfters wird mir von verschiedenen Standorten über eine Verschlechterung der Rahmenbedingungen berichtet, unter denen die Kollegen den NAD ausüben sollen. Der seit 2009 im BayRDG verankerte NEF-Fahrer war und ist an vielen Standorten mehr Fluch als Segen (wobei ich die Sinnhaftigkeit des Fahrers an sich nicht in Frage stellen möchte). Notärzte sollen auf die Wache gezwungen werden, da der Fahrer nur von dort seinen Dienst erbringen darf. Jahrelang eingespielte NA / Fahrer-Teams dürfen nicht mehr zusammen fahren, weil die Unterkunft beim NA zuhause für den Fahrer nicht adäquat sei. Im Gegenzug soll sich aber der NA in Dienstzimmern auf Rettungswachen aufhalten, die oft unzumutbar sind. Dies ist nur eines von diversen Beispielen zu dem Thema.
Hier liegt viel im argen und trägt ganz gewaltig dazu bei, den NAD zusätzlich zur Honorarfrage noch unattraktiver zu machen. Ich denke, wir haben dieses Problem bayernweit angesichts der Vergütungsdiskussion vernachlässigt. Hier ist erheblicher Diskussionsbedarf mit den Zweckverbänden, den Durchführenden und dem Ministerium. Lassen Sie uns da nicht weiter einknicken, der Kernleistungsprozess auf dem NEF ist nach wie vor der Notarzt, nicht der Fahrer!
Im übrigen bedauere ich diese Entwicklung sehr, denn manchen Orts hat die gute und konstruktive Zusammenarbeit zw. den HiOrgs und den NÄen durch diese organisatorischen Streitfragen bereits erheblich Schaden genommen. Man könnte meinen, dass auch hier bewußt ein funktionierendes System durch neuen Regelungen so lange unterminiert wird, bis es irreparabel Schaden genommen hat.

Kommunikation:

Sowohl in den Notarztgruppen als auch auf regionaler und überregionaler Ebene habe ich den Eindruck der Zermürbung. Immer mehr Dienste bleiben unbesetzt; die regionalen Treffen der NA-Vertreter werden nur von Wenigen wahrgenommen, selbst bei den Sitzungen der Notarztvertreter bei der KVB sind Lücken festzustellen – das Engagement für die sinnvolle Sache NAD erlahmt. Verwundern darf das leider gar nicht – wir werden immer mehr eingeengt und die berufspolitischen Aktivitäten sind eher von Frustration geprägt.

Aber: nach wie vor sind viele Notarzt-Kollegen hochengagiert und ständig aktiv für die Sache NAD. Danke an diese engagierten Mitstreiter vor Ort und überregional. Ich glaube wie Sie, dass wir eine (überwiegend) sehr sinnvolle Tätigkeit versehen, die zudem interessant und abwechslungsreich ist. Dafür lohnt es sich, sich zur Wehr zu setzen. Lassen Sie uns für den Erhalt eines qualitativ hochwertigen Notarztsystems in Bayern kämpfen und gegen eine ständige Kaputt-Reglementierung seitens der bekannten Protagonisten Widerstand leisten – zum Wohle unserer uns anvertrauten Patienten!

Ich wünsche Ihnen allen ein erfolgreiches und glückliches Jahr 2016, viele interessante Einsätze und natürlich zufriedene Patienten!

Ihr
Thomas Jarausch
Regionalvertreter der unterfränkischen Notärzte